Kratzen am Polarkreis


Die Westfjords hab ich hinter mir gelassen. Jetzt bin ich entlang der Nordküste beständig auf dem Weg gen Osten. Obwohl – so sehr beständig ist das gar nicht. Wer sich den Verlauf der Küste mal bei Google Earth ansieht, wird bemerken, daß das ein ständiges Auf und Ab entlang diverser Fjorde ist. Das macht es aber nur umso interessanter, weil man auf die Art auch auf – zumindest für eine Gegend voller Schotterpisten! – abenteuerliche Straßenkonstruktionen trifft, hier allerdings noch in den Westfjords. Wo die Tunnel mitten im Berg Kreuzungen haben:



In den meisten Reiseführern über touristisch interessante Länder und Gegenden liest man öfters von der Gastfreundschaft der Menschen. Naja – halt das übliche Reisebüro-Verkaufs-Blabla. Aber die Isländer haben tatsächlich eine ganz eigene Art, mit ihren Besuchern umzugehen, die mir bisher auf allen anderen Trips noch nicht begegnet ist. Einmal hat ein Hotelbesitzer auf meine Bitte hin seinen Hotelier-Kumpel aus dem Nachbardorf überredet, meinen dort bereits getätigten Check-In zu annullieren, damit ich gleich da bleiben konnte und die verbleibenden Kilometer nicht bei heftigstem Regen und im Dunkeln auf unbefestigter Straße (entlang einer Steilküste) fahren mußte. Ich glaube, die beiden haben sich dann untereinander auf einen Ausgleich in Bierform geeinigt. 🙂
Und ein anderes Mal klopfte ich an einem vermeintlichen Restaurant, das sich jedoch nach bedauernder Auskunft der Bewohnerin als Privathaus entpuppte – schon seit mehr als 3 Jahren. Aber zum Abendessen hat sie mich dann doch sehr überzeugt und überzeugend hineingebeten … um nicht zu sagen genötigt: „Ach, bevor Sie jetzt erst sonstwo was suchen müssen!“ Und somit hab ich mit der ganzen Familie gespeist – kostenlos obendrein, versteht sich. 🙂

Dann wurde ich in der Nähe des Dorfes Hólar Augenzeuge der berühmten und beliebten Schafabtrieb, bei der am Ende des Sommers ALLE Schafe der Umgebung von den Berghängen zusammengetrieben werden. Es ist dann für die Bewohner der Gegend (besonders für die Kinder) ein großes Ereignis, wenn in fast schon einer Art Zeremonie die Tiere anhand ihrer Markierungen in extra dafür vorgesehenen sternförmigen Gehegen den einzelnen Besitzern zugeordnet werden. Hat was von Roulette. 🙂 Das wird übrigens so auch mit Islandponys gemacht. … ganz ruhig durchatmen, Silvia! 😉
Naja, besonders fotogen war’s zwar nicht. Dafür bin ich während der eigentlichen Abtrieb für ca. eine halbe Stunde mit dem Auto in der ganzen Schafherde hängengeblieben. Genug Zeit, um zu bestaunen, wie immer ganz knapp vor meiner Stoßstange der eifrigste aller Schäfer sich richtig ins Zeug legte. Ohne Rücksicht auf Verluste – für die Schafe! 😉



Heute dürfte mein erster kleiner Sonnenbrand fällig gewesen sein. Auch wenn ich, wie der Blog-Titel andeutet, mächtig nah am Polarkreis bin, hat heute den ganzen Tag die Sonne geheizt. Von meiner Wanderung auf der Insel Hrísey im Eyjafjörður dürfte spätestens morgen früh ordentlich Gesichtsfarbe übrig sein.



Daß es bisher doch nicht wirklich der Polarkreis geworden ist (und vermutlich auch nicht mehr werden wird – den gibt’s hier nämlich nicht auf dem Festland), ist der Tatsache geschuldet, daß ich mir keine 3 Stunden Fährüberfahrt auf offener Arktischer See bis zur Insel Grímsey antun wollte (da geht der Polarkreis hindurch). Alle die mich kennen und mich sowas schonmal erlebt haben sehen bzw. denen ich es sehr bildlich beschrieben habe, werden wissen, wieso nicht… 😉 Aber die erwähnte kleine Fjord-Insel tat es auch.

Seit heute bin ich am Lake Mývatn, dem Mückensee. Glücklicherweise verdankt der seinen Namen ausschließlich den Zuständen im Sommer… 😉 Aber ansonsten ist er auch eher berühmt für seine starke vulkanische Aktivität. Davon werd ich aber erst später genaueres erzählen können. Bisher weiß ich von den Wanderwegen rund um Krater und über Lavafelder nur aus dem Reiseführer. 🙂
Ich kenne aber schon ein sehr originelles Restaurant, bei dem man (glücklicherweise vom Geruch durch eine Glasscheibe getrennt) direkten Blickkontakt mit den gemolkenen Kühen halten kann. Man sieht, was man isst. 😉 Das mit dem Steak war mir bei dem Anblick dann aber doch etwas zu viel.



Als organisches Dessert aus hauseigener Produktion gönnte ich mir allerdings das erste Vollkorn-Eis meines Lebens. Zumindest schmeckte es so. Es waren kleine Stückchen sogenanntes Geysir-Brot (22 Stunden mit Erdwärme gebacken) untergemischt. Echt lecker! In diesem Sinne – Mahlzeit!

PS: Wer sich fragt, von welcher „Blauen Lagune“ Dörte in ihrem Kommentar zum vorherigen Blog-Eintrag spricht… Klaro, war der Boltzi da auch drin. 🙂 Lufttemperatur um die Null, Wassertemperatur bei ca. 40 Grad Celsius. Und das alles bei bläulich-milchigem Beckeninhalt, Vulkankulisse und einem kühlen Bierchen von der Lagunen-Bar.

Ein Gedanke zu “Kratzen am Polarkreis”

  1. Hi Marco,

    versteh ich nicht…., so ein bißchen „Landluft“ soll doch eigentlich Appetit-anregend sein und wie heißt es so schön: “ Das Auge isst mit..“ ;-D.
    Wer weiss, was Du da in dem Ex-Restaurant gegessen hast :-*

    Viel Spaß noch!

    Holger

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