So oft wie in den letzten Tagen hab ich in derart kurzer Zeit auch noch nie die Grenze zwischen zwei Staaten überquert. Allerdings nicht hin und her oder weil ich im Zickzack herumhüpfe: Die heutige Straße verlief durch Alaska, Yukon, ein paar Kilometer British Columbia und führte wieder nach Alaska. Der Grenzverlauf zwischen Alaska und Kanada ist hier etwas ineinander verzahnt (Google Maps). Da musste ich selber kurz gucken – wo genau geht’s heute hin: USA oder Kanada? Und muss ich die Uhr umstellen? Hier in Skagway, Alaska, hab ich nämlich wieder meine „alten“ 10 Stunden Zeitunterschied. Auf dem Weg hierher waren es noch 9, weil Yukon eine Stunde weniger hinterher hängt. Ab morgen Mittag sind es für 2 1/2 Tage erstmal wieder 9, bevor es dann für den Rest des Trips wieder 10 sind. Ich war schon kurz versucht, das mit dem Uhren umstellen einfach sein zu lassen. Dann kam ich aber kurz ins Schlingern, ab wann es denn morgen Frühstück gibt… Doch besser an der Uhr gedreht. 😉 Gottseidank sagt einem im Notfall das Handy (wenn es Empfang hat) oder das Navi, in welcher Zeitzone man sich befindet und wie spät es ist.
Seitdem ich Fairbanks verlassen habe, hab ich ordentlich Kilometer abgerissen (oder eben Meilen: kommt ja drauf an, ob Kanada oder USA 😉 ). Das erste Mal hab ich den Fuß ins Yukon Territory gesetzt (oder wie der Einheimische lediglich sagen würde „The Yukon“) auf dem Top of the World Highway auf dem Weg nach Dawson City. Der arme Beamte, der auf diesem verlassenen Pass da oben seinen Dienst verrichten muss… 🙂 Naja, wenigstens ist die Luft gut und die Aussicht bombastisch. Ob ihm das wohl noch auffällt…?
Dawson City dürfte vielen bekannt sein. Es war Ende des 19. Jahrhunderts DER Inbegriff des Goldrausches am Klondike River und quasi die Hauptstadt aller Glücksritter auf der Suche nach dem begehrten Edelmetall, auch wenn es viele nicht einmal bis dorthin schafften (sie manchmal unterwegs jämmerlich erfroren oder anderweitig draufgingen) und nur sehr wenige wirklich so unsagbar reich wurden, wie es die damaligen Medien reißerisch versprachen („In Dawson hängen die Nuggets an den Bäumen!“). Letztlich sorgten erst die Zeitungen für DEN Strom an Menschen, der die Gegend derart nachhaltig und für alle Zeiten veränderte (für First Nations und die Natur nicht gerade zum Vorteil). Selbst heute ähnelt Dawsons Umgebung stellenweise einer aufgewühlten Mondlandschaft, auch wenn dort eigentlich nur noch für bzw. von Touristen nach ein paar Krümelchen gebuddelt und gewaschen wird. Meine Wissens wäre großangelegtes Graben beim heutigen Goldpreis vermutlich nur bedingt wirtschaftlich. Die Stadt bewahrt aber allein für den Tourismus ganz absichtlich den alten Wild-West-Charme. Neue Gebäude dürfen nur in diesem Stil gebaut, alte nur auf diese Art instandgehalten werden, asphaltierte Straßen sind „Downtown“ nicht gewollt.
Dawson City war auch die größte Wirkungsstätte von Jack London, der Ort an dem er Inspiration für die meisten seiner Bücher fand. Ein Museum mit einem Teil seiner originalen Blockhütte darf da nicht fehlen. Da meine erste Erinnerung an Jack Londons Werke die Filmreihe „Der Seewolf“ ist, fand ich mich in kürzester Zeit in einem angeregten Gespräch über Raimund Harmstorf wieder. Die ältere Dame, die das Museum leitete, schien ein regelrechter Harmstorf-Groupie zu sein und wollte sich auf keinen Fall die Gelegenheit entgehen lassen, mit mir über meinen „Landsmann“ zu fachsimpeln. 😀
Von Dawson ging es wieder auf einem ordentlichen Ritt nach Whitehorse, der Hauptstadt des Yukon. Die Stadt sah dem ersten Anschein nach ganz nett aus, ist aber wohl eher ein reiner Regierungssitz, der zudem ab Anfang September recht viele Angebote und Aktivitäten runterschraubt. Macht aber nichts, denn der Weg nach Skagway hat mich heute eh den ganzen Tag beansprucht. Was für eine Landschaft über den Chilkoot Trail und White Pass Summit! Übrigens auch eine DER Hauptverbindungen in alten Zeiten auf dem Weg zum Gold, nur damals halt zu Fuß, krass! Kilometerlange Bergseen auf über 1000 Meter Höhe, teilweise auch jetzt noch/schon schneebedeckte Gipfel, und dann ganz oben die Bergstation der Yukon White Line, der hiesigen (Touristen-)Eisenbahnlinie und die Grenzstation zurück nach Alaska. Aber die Bilder muss ich Euch vorenthalten. Diesem Anblick wurde die Knipse einfach nicht gerecht. Da hatte die große Kamera hoffentlich bessere Karten.
Die restliche Straße nach und durch Skagway ist allerdings sozusagen eine Sackgasse. Sie endet in einem Hafen … für Kreuzfahrtschiffe. 🙂 Und darum fühlt sich Skagway, obwohl es ein sichtbar historisches Städtchen mit alten Häuschen und viel Charme ist (hier meine heutige Unterkunft samt eigenem Gemüsegarten) …
… fühlt sich Skagway doch so ein bißchen an wie Las Vegas. Also nicht wegen der Lage am Wasser, sondern wegen der Preise und der Touristenherden! Mindestens einer der Pötte spült scheinbar zu jeder Zeit seine Passagiere in das Örtchen, die die Gift Shops und Boutiquen leer kaufen und mit ihren Tüten und Päckchen zurück aufs Schiff pilgern. Schon ein etwas seltsamer Anblick. Aber die Einheimischen beschweren sich scheinbar nicht (auch wenn’s in letzter Zeit wohl immer mehr Schiffe werden). Die Leute leben ganz gut davon.
Bei so viel High Society musste ich beim Abendessen ja wenigstens den Frooonck Ribery geben und mir die Pay Dirt Chocolate Cake bestellen – natürlich nur echt mit Goldüberzug. 😀 War auch total lecker! Also keine Ahnung wegen des Goldes. Das fiel nicht weiter ins Gewicht – glücklicherweise auch nicht in den Preis. 😉
Morgen also zurück nach Yukon – wie gesagt, anders ginge es hier nur per Schiff raus. Und dann bald auch schon wieder in Richtung Süden zur Kenai Halbinsel.
Ich schließe mit erneuten, wichtigen Lebensweisheiten aus der Gastronomiebranche. Wahr gesprochen, wie … nach ein paar Bier. 😉
Lasst es Euch gutgehen.
Marco
Hallo, mein Marco, ja dieses Hin-und Her des Grenzverlaufs ist schon verwirrend und die ständige Zeitänderung auch. Aber wohl eher für dich vorort. Aber ich zähl schon mehrfach am Tag vor und zurück, um sicher zu sein, ob es bei dir morgens oder abends ist.
Ich bin sowas von gespannt auf die „wirklichen“ Fotos !
Die Städtchen sind sehr interessant und schön anzusehen. Hotel mit eigenem Gemüsegarten, das hat was.
Aber ich denke, die Landschaft, die Seen, die Berge, die Weite…das ist es, was begeistert.
Also weiter viel fotografieren, genießen und allzeit gute Fahrt. Denn da summieren sich die Kilometer und die wollen auch bewältigt werden.
Gaaanz liebe Grüsse, Mutti
Hi Marco, ich bin wieder einmal beeindruckt, u.a. von dem kapitalen Tortenstück. Es ist wohl nicht möglich, eine derartige Torte mit nach Hildesheim zu bringen? Das wäre doch etwas…
Grüße
Wolf
Schon eingepackt. Kann aber sein, daß das Gold abblättert, bis ich zurück bin. 😉 Im Ernst, mal schauen, ob ich nicht auch in Hildesheim ein klassisches Stück American Mud Cake für Dich auftreibe.